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Meinung und Wissenswertes zu den geplanten Baumfällungen an der Koeppstraße in Haltern am See!


Erläuterung zum Sachverhalt, Kritik, Argumentation und Fragestellungen

ist geplant?

Worum geht es?

Die Stadt Haltern am See plant, die Koeppstraße, eine Verbindungsstraße zwischen der Holtwicker Straße und der Rochfordstraße, in eine Promenade umzugestalten. Ziel ist es, den Zugang vom Bahnhof zur Innenstadt "attraktiver" zu gestalten. Das Projekt ist Teil eines größeren städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK), das seit 2019 in Haltern verfolgt wird.


Um diese Promenade zu realisieren, sollen sechs Kastanienbäume entlang der Koeppstraße gefällt werden. Ein Gutachter bestätigt, "dass keine der Planungsvarianten die Bäume erhalten kann, ohne diese erheblich zu schädigen." Der Ausbau umfasst auch die Schaffung von Parkplätzen und eine Anpassung der Durchfahrtswege für Rettungsfahrzeuge.

Die geplante Fällung dieser großen, alten Bäume hat eine lebhafte Debatte ausgelöst, da sie viele umwelt- und städtebauliche Fragen aufwirft. Die Kastanienbäume haben eine wichtige Rolle für das städtische Mikroklima und die Luftqualität. Während international Städte wie Paris gezielt mehr Bäume pflanzen, um den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken, verfolgt Haltern den umstrittenen Ansatz, bestehende Bäume für die Umgestaltung zu opfern.



Der Hintergrund der Planung: Das ISEK Haltern

Der Hintergrund der Planung: Das ISEK Haltern

Das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) von Haltern, das 2019 erstellt wurde, identifiziert Schwachstellen und Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt.


Zitat aus dem ISEK-Bericht ansehen

6.4 Zentrum erweitern - neues Stadtquartier Kardinal-von-GalenPark Lag der Fokus im vorangegangenen Kapitel darauf die Altstadt zu qualifizieren, so geht es in den folgenden Kapiteln um Entwicklungs- und Erweiterungsmöglichkeiten des Zentrums. Der Geschäfts- und Dienstleistungsbesatz an der Koeppstraße in Verlängerung der Hauptlage Merschstraße soll genutzt werden, um rund um den Kardinal-von-Galen-Park ein neues Innenstadtquartier entstehen zu lassen. Dieses wird zukünftig mit dem Kärntner Platz eine Einheit bilden. Vor allem Angebote und Qualitäten, die in der historischen Altstadt nicht zu finden sind, zeichnen den „neuen“ Stadtbaustein aus: Erholungs-, Spiel- und Freizeitangebote, Bildung, Kultur, Dienstleistung und Verwaltung sowie Verkehr und Stellplätze, ggf. auch in Tiefgaragen, ergeben ein modernes Profil, das die historische Altstadt ergänzt. Wichtige, grundlegende Aussagen für die Umgestaltungsmaßnahmen liefert das Verkehrskonzept. Folgende Projekte sind für ein neues „Stadtquartier von-Galen-Park“ zu realisieren: (2.9) Umgestaltung und Aufwertung Kardinal-von-Galen-Park Der Park wirkt heute trotz eines beeindruckenden Baumbestandes abgelegen, dunkel und wenig belebt. Hierzu trägt wesentlich der starke Verkehr der Rochfordstraße bei, die eine Zäsur bildet. Darüber hinaus trennen Senkrechtparkstände die Grünanlage von den straßenbegleitenden Nutzungen, die dadurch wenig Bezug zu der Grünfläche nehmen. Schlecht auffindbare Eingänge, unattraktive Wege, teils dichte Abpflanzungen, unattraktive Beete und möglicherweise auch ein an manchen Stellen zu dichter Baumbestand tun ihr übriges. Attraktive Nutzungen, wie z. B. ein Spielplatz, fehlen. Der in die Jahre gekommene Park soll daher aufgewertet und neben dem Markt zu einem zweiten Treffpunkt im Zentrum der Stadt umgestaltet werden. Als Leitmotiv wurden von vielen Bürgern Spielmöglichkeiten und Angebote für Jugendliche genannt. Die Funktion als grüne Lunge ist beizubehalten.

Der Park bildet zukünftig einen wichtigen Trittstein zwischen Altstadt, den Schulen an der Holtwicker Straße und dem Bahnhof und wird Kristallisationspunkt eines neuen Stadtquartiers.

Zur Umgestaltungsaufgabe gehören auch die umgebenden Straßen. Die Umgestaltung soll über einen freiraumplanerischen Wettbewerb auf den Weg gebracht werden.


Nur so ist eine der Aufgabe angemessene Lösung zu erhalten.

Da der Park im Zentrum vieler Bürgerwünsche stand, soll die Wettbewerbsaufgabe zusammen mit der Bürgerschaft und den Halterner Akteuren z. B. in einem Werkstattverfahren erarbeitet werden. Dort können Fachleute und Bürger gemeinsam Stärken und Schwächen erörtern, Wünsche formulieren und darauf aufbauend die Wettbewerbsaufgabe erarbeiten.


Link zum Gesamtbericht: https://eservice2.gkd-re.de/bsointer160/DokumentServlet?dokumentenname=160l9884.pdf


Die Koeppstraße ist eine von mehreren Straßen, die im Rahmen der Umgestaltung berücksichtigt werden. Ziel ist es, durch bauliche Maßnahmen das Stadtzentrum und seine Umgebung "attraktiver" und funktionaler zu gestalten. Die Stadt beschreibt den Kardinal-von-Galen-Park, der an die Koeppstraße grenzt, als „abgelegen, dunkel und wenig belebt“. Er soll in einen modernen Treffpunkt mit Spiel- und Freizeitangeboten umgewandelt werden. Dabei soll die grüne Lunge des Parks erhalten bleiben, gleichzeitig aber eine Anpassung an moderne städtebauliche Anforderungen erfolgen​.


Laut dem ISEK-Bericht wird die Aufwertung des Parks mit Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation und der Schaffung von neuen Stellplätzen kombiniert. Für die Umgestaltung der Koeppstraße bedeutet das konkret, dass alte Bäume gefällt werden müssen, um Parkplätze und ausreichend Raum für die Fahrwege zu schaffen.

Kritik am

Kritik am ISEK-Bericht:

Die im ISEK-Bericht beschriebene Wahrnehmung, dass der Park „dunkel und wenig belebt“ sei, könnte ein Missverständnis der wahren Werte von Grünflächen widerspiegeln.


Viele Menschen suchen in städtischen Parks genau jene Eigenschaften, die als „abgelegen und dunkel“ beschrieben werden. Solche Bäume spenden Schatten, bieten Schutz vor Hitze und schaffen eine ruhige, entspannende Atmosphäre – genau das, was viele als erholsame Natur empfinden. Es besteht zweifellos Potenzial, den Park zu verschönern, aber die geplanten Baumfällungen und Umgestaltungen könnten den eigentlichen Charakter der Natur zerstören, den diese Bäume über Jahrzehnte geprägt haben.


Dass der Park als „grüne Lunge“ der Stadt erhalten bleiben soll und gleichzeitig seine wichtigsten Elemente – die alten Kastanien – geopfert werden, ist widersprüchlich! Die Fällung dieser Bäume bedeutet den Verlust eines Teils der städtischen Natur, die nicht kurzfristig durch Neupflanzungen ersetzt werden kann. Dies wirft die Frage auf, ob es tatsächlich im Interesse der Bürger und des Klimaschutzes ist, solche Maßnahmen zu ergreifen.


Warum sind die Bäume zu erhalten?

A. Bäume und das Klima

Die Kastanienbäume in der Koeppstraße leisten einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung des Stadtklimas. Sie absorbieren CO₂, filtern Schadstoffe aus der Luft und kühlen ihre Umgebung durch Verdunstung. Insbesondere in städtischen Gebieten wirken Bäume als natürliche Klimaanlagen, die den Urban Heat Island (UHI)-Effekt reduzieren. Dieser Effekt beschreibt das Phänomen, dass Städte durch ihre dichte Bebauung und versiegelte Flächen deutlich wärmer sind als das Umland. Studien belegen, dass Bäume die Lufttemperatur in Städten um mehrere Grad senken können, was besonders in heißen Sommern lebenswichtig sein kann. (Studien der TU-München dazu: https://www.mdpi.com/1999-4907/14/12/2391, https://www.mdpi.com/2071-1050/16/12/4955)


Durch den Erhalt der Kastanienbäume könnte die Stadt weiterhin von diesen natürlichen Klimaanlagen profitieren, während ihre Fällung langfristig negative Auswirkungen auf das Stadtklima haben könnte. Neupflanzungen junger Bäume können diese Funktionen erst nach Jahrzehnten übernehmen, wenn sie ausreichend gewachsen sind.


B. Gesundheitliche Vorteile durch Filterung der Luft

Stadtbäume sind nicht nur für das Klima, sondern auch für die Luftqualität entscheidend. Sie wirken als Filter, die Feinstaub und Schadstoffe aus der Luft aufnehmen und so die Atemluft in der Stadt verbessern. Gerade für Menschen mit Atemwegsproblemen oder Allergien sind Bäume eine natürliche Schutzbarriere. Sie reduzieren das Risiko von Atemwegserkrankungen, Asthmaanfällen und anderen gesundheitlichen Problemen, die durch städtische Luftverschmutzung verursacht werden​ (Studie: https://www.mdpi.com/2071-1050/16/12/4955)


C. Terpene und psychologische Wirkung

Große, alte Bäume wie die Kastanien in der Koeppstraße setzen flüchtige organische Verbindungen, sogenannte Terpene, frei. Diese Terpene haben nachweislich positive Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, indem sie Stress reduzieren, das Immunsystem stärken und das allgemeine Wohlbefinden fördern. Studien belegen, dass Menschen, die regelmäßig Zeit in der Nähe von Bäumen verbringen, weniger gestresst sind und niedrigere Cortisolwerte aufweisen ​. Menschen, die weniger als 100 Meter von mindestens einem Baum entfernt leben, leiden statistisch gesehen seltener an Depressionen. (Quelle) Diese Bäume bieten somit nicht nur physische, sondern auch psychische Gesundheitsvorteile, die durch ihre Fällung unwiederbringlich verloren gehen.


D. Rückzugsort für Tiere

Bäume bieten Lebensraum für eine Vielzahl von Tierarten. Alte Bäume wie die Kastanien sind besonders wichtig, da sie vielen Vögeln, Insekten und kleinen Säugetieren Unterschlupf bieten. Der Verlust dieser Bäume würde auch den Verlust dieser Lebensräume bedeuten und die Biodiversität in der Stadt beeinträchtigen. Neupflanzungen können erst nach vielen Jahren ähnliche Rückzugsorte bieten.


E. Optische und kulturelle Bedeutung

Optisch prägen die Kastanienbäume das Straßenbild der Koeppstraße und geben der Umgebung ihren besonderen Charakter. Diese Bäume haben über viele Jahrzehnte hinweg Geschichte erlebt und sind ein wichtiger Teil der Identität von Haltern am See. Ihre Fällung würde nicht nur das Stadtbild verändern, sondern auch ein Stück Kultur und Geschichte der Stadt unwiederbringlich zerstören.



Bewertung der Maßnahmen unter Berücksichtigung der Zukunft

Angesichts des Klimawandels und der zunehmenden Diskussionen über nachhaltige Stadtentwicklung sollten Städte weltweit mehr Bäume pflanzen, nicht weniger. Die geplante Fällung der Kastanienbäume steht im direkten Widerspruch zu den Klimazielen, die auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene verfolgt werden. Gleichzeitig sehen moderne Mobilitätskonzepte vor, den Autoverkehr in Städten zu reduzieren, statt mehr Parkplätze zu schaffen. Die Entscheidung, Bäume für Parkplätze zu fällen, wirkt daher rückwärtsgewandt und widerspricht den Zielen einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Stadtentwicklung​.


Die Stadt Haltern sollte einen integrativen Ansatz verfolgen, der sowohl den Erhalt der Bäume als auch die Verbesserung der Verkehrssituation in Einklang bringt. Eine Umgestaltung, die den Verlust alter Bäume mit sich bringt, kann nicht als nachhaltige Lösung gelten, insbesondere wenn Alternativen wie die Begrenzung von Parkflächen oder die Förderung des Radverkehrs möglich wären.


Persönliche Meinung

Die Planung rund um die Fällung der Kastanienbäume an der Koeppstraße sorgt bei mir für ein großes Kopfschütteln. Je mehr ich in den letzten Jahren über die immense Bedeutung von Bäumen für unser Klima und unsere Gesundheit gelernt habe, desto mehr entsetzt mich diese Maßnahme.


Das ISEK argumentiert, dass die Straße zu schmal sei und deshalb Parkplätze und Rettungswege geschaffen werden müssten, was die Bäume gefährden würde. Das ist eine Argumentation aber keien Begründung. Was wäre, wenn dort keine Bäume stünden, sondern Häuser? Würde man dann auch einfach Gebäude abreißen, um den erforderlichen Platz zu schaffen? Diese Frage drängt sich mir auf, und ich frage mich, welche Art von Experten dieses Gutachten erstellt haben.


Andere vorgeschlagene Maßnahmen der Planungsbüros in der Vergangenheit wirkten auf mich und viele Bürger*innen ebenfalls fragwürdig, unpassend und nicht durchdacht.

In den gleichen Ausschüssen, in denen über Klimaschutzziele und Neupflanzungen von Bäumen gesprochen wird, entscheidet man gleichzeitig über einen massiven Kahlschlag, wie er hier an der Koeppstraße vorgesehen ist. Wie passt das zusammen!? Die 88(!) im Jahr 2024 geplanten Neupflanzungen können nicht einmal annähernd die Leistung, den Wirkungsgrad beim Kampf gegen Klimawandel und den weiteren positiven Eigenschaften eines der gefällten Kastanienbäume erreichen – und das auch nicht in den nächsten zehn Jahren!

Wir geben als Öffentlichkeit Geld aus, um kleine Bäume zu pflanzen, die noch lange nicht den Effekt erzielen werden, den die alten Bäume bereits jetzt leisten, und fällen gleichzeitig die großen, die uns eigentlich viel mehr helfen könnten. Das ist aus meiner Sicht der komplett falsche Ansatz.


Weltweit schützen Städte ihre alten Bäume und sehen zu, wie sie zusätzlich möglichst viele neue Bäume pflanzen können. Und wir?

Wir wollen diese wertvollen Bäume einfach abholzen.


Für mich ist das eine rückwärtsgewandte Entscheidung, die keine Perspektive für die Zukunft bietet – vor allem nicht in Zeiten des Klimawandels und der komplexen Herausforderungen, die auf uns zukommen, auch im gesellschaftlichen Zusammenleben. Denn im ISEK steht ja auch, dass der Park ein sozialer Ort sein soll. Alte Bäume beruhigen und sind einladend.


Auch wenn diese Maßnahmen durch Fördermittel finanziert werden, handelt es sich immer noch um öffentliches Geld. Am Ende werden Steuergelder investiert, und statt der beeindruckenden, schattenspendenden Bäume erhält die Bevölkerung ein paar Parkplätze und eine Straße, die nicht mehr aufgequollen durch die Wurzeln ist.

Vermutlich freut sich die Stadtreinigung, weil sie weniger Laub entfernen muss – Laub, das allerdings zur Verbesserung des Stadtklimas beigetragen hat. Jedes Blatt, das im Herbst fällt, macht die Lebensqualität in der Stadt besser – für die Bewohner und auch für Touristen.


Das Motto der Stadt lautet „Haltern am See tut gut“. Wir werben mit unserer fantastischen Natur und unserem See, doch gleichzeitig schaffen wir einen Eingangsbereich in die Innenstadt, der austauschbar ist und in jeder anderen Stadt genauso aussehen könnte.


Ich würde gerne erfahren, welche Überlegungen zu dieser Entscheidung geführt haben. Es muss doch intern einige Debatten dazu gegeben haben. Eine offizielle Stellungnahme der Stadt wäre mehr als angebracht. Und ich glaube, damit stehe ich nicht allein. Ich bin bereit, diese Argumente den Verantwortlichen vorzubringen, denn diese Entscheidung bedarf dringend einer Überprüfung.


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